Porträt: Thomas Schneider, Rektor der Werkrealschule Unterer Neckar, geht bald in den Ruhestand.
Die Sommerferien stehen bevor, und Thomas Schneider blickt ihnen diesmal mit gemischten Gefühlen entgegen. Der Leiter der Werkrealschule Unterer Neckar (WRS) in Ladenburg tritt zum Schuljahresende in den Ruhestand. Am 23. Juli wird er offiziell verabschiedet. Das Motto „Der Lotse geht von Bord“ zeigt die große Wertschätzung, die ihm entgegengebracht wird. Schneider hat 14 Jahre lang die WRS für Kinder und Jugendliche aus Ladenburg, Edingen-Neckarhausen und Ilvesheim geleitet, zuletzt unter schwierigsten Bedingungen: Das mehr als 150 Jahre alte WRS-Gebäude wird seit drei Jahren aufwendig saniert, und der Unterricht findet seit September 2023 unter anderem in Containern statt. Auch darüber sprechen wir dort mit Schneider.
Auf der Fensterbank steht ein Motorradhelm
„Eine wichtige Phase meines Lebens geht zu Ende, und ich fühle mich nicht als der Mann, der nur noch mit dem Hund spazieren geht. Aber es fühlt sich richtig an, weil alles seine Zeit hat und das Angebot anzunehmen, meine Dienstzeit zu verlängern, auch nicht meins wäre.“ So beschreibt der verheiratete Vater von zwei längst erwachsenen Töchtern seine widersprüchlichen Gefühle.
Wie er künftig wohl seine Zeit verbringt? Es gibt Hinweise: Über der Rückenlehne seines Bürostuhls hängt eine Lederjacke, auf der Fensterbank steht der Motorradhelm. „Ich kann mich für vieles begeistern, und dazu zählt auch das Motorradfahren, denn das gibt mir ein Gefühl, lebendig zu sein“, sagt Schneider, der bei gutem Wetter gerne mit seiner BMW zur Arbeit fährt. Doch egal ob es regnet oder schneit: Der Familienhund, ein Rauhaardackel, muss täglich raus. „Passt auch zu mir“, findet der Mann mit dem charakteristischen Schnauzbart.
1960 in Mannheim geboren und im Stadtteil Almenhof aufgewachsen, studierte er zunächst an der PH Heidelberg Lehramt für Grund- und Hauptschule. Obendrein erwarb er einen Magistertitel als Historiker an der Universität Heidelberg. Ursprünglich wollte Schneider mit dieser Studienkombination in die Museumspädagogik gehen, doch während des dann doch noch absolvierten Referendariats entdeckte er seine wahre Berufung: „Da habe ich erst die Bedeutung des Lehrerberufs erfahren und die Begeisterung dafür so richtig entwickelt.“
Fortan ging er ganz in dieser Aufgabe auf: Bevor er 2011 nach Ladenburg kam, leitete er neun Jahre lang eine Brennpunktschule in Mannheim, bis diese geschlossen wurde. „Ich war mit Ausnahme von Ladenburg immer an Brennpunktschulen tätig“, sagt Schneider. Nach 35 Jahren Schuldienst könne er nicht sagen, dass sich die Jugend verändert habe: „Sie ist anders, und es ist vielfältiger, aber ich würde nicht sagen, dass die Jugend weniger begabt oder diszipliniert ist.“
Jede Zeit bringe ihre Herausforderungen mit sich. Früher beispielsweise seien zugezogene Spätaussiedler ein Thema gewesen. „Heute sind die damals so genannten Russlanddeutschen komplett in unserer Gesellschaft angekommen“, so Schneider.
Eine Herausforderung ist die provisorische Raumsituation
Eine aktuelle Herausforderung für Schülerschaft, Kollegium und Schulleitung ist in Ladenburg die provisorische Raumsituation. Die Sanierung soll Ende des Jahres abgeschlossen, das Gebäude dann schadstofffrei sein. Unterrichtet wird derzeit an mehreren Standorten, der Ganztagsschulbetrieb ist eingeschränkt, und in den Containern wird es im Sommer sehr heiß. „Das Ganze ist wirklich nicht einfach, aber es wird im Gegenzug für zig Millionen Euro das Gebäude für uns als Werkrealschule saniert“, sagt Schneider.
Dass er den Wiedereinzug nicht mehr mitgestaltet, sei für ihn „okay“. Wichtiger ist ihm, dass der Schulstandort für die ganz überwiegend stets zweizügige WRS gesichert ist. „250 Schüler sind für eine eigenständige Werkrealschule echt gut“, sagt er – und betont die wichtige Rolle der Stadt Ladenburg: „Bürgermeister und Gemeinderat standen seit der WRS-Gründung immer hinter dieser Schulart, was keine Selbstverständlichkeit ist“, sagt Schneider.
In Heidelberg gebe es keine Werkrealschulen mehr, in Mannheim nur noch drei. Aus seiner Sicht muss bei Bildungsreformen stets im Vordergrund stehen, „wie man langfristig stabile Strukturen entwickelt, die allen Schülern gerecht werden und ihnen beispielsweise gesellschaftliche Teilhabe verschaffen“.
Danach gefragt, sagt er zur Diskussion um eine zentrale Schulmensa auf dem Schulcampus in Ladenburg: „Die Nachfrage muss gewährleistet sein.“ An der WRS sei die Mensa „ein wichtiges Element, aber nicht so, dass wir sagen: Die rennen uns die Bude ein.“
Nachfrage für eine zentrale Schulmensa muss bestehen
An das „solidarische WRS-Kollegium“ wird er sich besonders gerne erinnern. „Diese Zugewandtheit den Kindern und Jugendlichen gegenüber und diesen Spirit, dass der Mensch im Mittelpunkt steht, über Jahre hinweg zu erleben, das ist stark.“
Künftig wird er mehr Zeit haben, seine geliebten Zeitschriften zu lesen. „Da ist mir Qualitätsjournalismus wichtig“, betont Schneider. Für Bücher fand er bislang nur in den Ferien genügend Muße, denn von kurzen Leseabschnitten hält er nur wenig. Doch das wird sich ja bald ändern.
Ein Nachfolger steht noch nicht fest, denn das Bewerberverfahren läuft jetzt erst. Schneiders bisheriger Stellvertreter Johannes Pöckler ist möglicherweise ein aussichtsreicher Kandidat. (Quelle Text: pj, Mannheimer Morgen, Quelle Bild: WRS)